Krise? Welche Krise?!

Krisenzeiten sind Zeiten des Lernens, sind Zeiten der kritischen Betrachtung bisheriger Annahmen und Denkmuster. Die Corona-Krise zeigt vehement auf, was es heißt, in einer vernetzten, komplexen Welt zu leben. In einer Welt also, die prinzipiell undurchschaubar ist und in der man ständig mit damit rechnen muss, dass Unberechenbares passiert. Wie wir mit dieser Unsicherheit umgehen wird also eine Frage sein, die uns dauerhaft begleiten wird. Vorhersagbarkeit war eine Illusion. Und bleibt das auch. Nicht nur meteorologisch! Wir müssen uns von dieser Scheinsicherheit verabschieden, und statt dessen lernen, wie wir uns auf grundsätzlich unsicherem Terrain bewegen können. Dabei hilft auf jeden Fall, wenn wir das Unplanbare einplanen, das Unerwartbare erwarten, das Unvorhersehbare mitdenken.

Gute Voraussetzungen für solche dauerhaften Balanceakte sind Standfestigkeit und Resilienzfähigkeit. In der Kommunikation Mehrdeutigkeit und Ambivalenzen deutlich zu machen, sie also zu integrieren, ist naheliegend, wenn Entscheidungen tragfähig und weitreichend, also von Akzeptanz und Vertrauen getragen sein sollen. Alle Überlegungen dazu in den Kontext Digitalisierung zu stellen, ist sehr vernünftig für grundlegende Veränderungsprozesse. Dabei spielen Fragen der virtuellen Kommunikation, gerade hinsichtlich zu treffender Entscheidungen, eine wichtige Rolle. Und dabei vor allem der Hinweis von Hartmut Rosa auf die Frage der Resonanzfähigkeit als dem entscheidenen Funktionsmechanismus.

Wie schaffen wir es, zwischen kurzfristiger Krisenbewältigung und langfristiger Krisenresistenz zu balancieren? Vor allem, indem wir besser lernen und unsere Erkenntnisse zügiger umsetzen. Das würde sehr helfen. Um das für alle einfacher möglich zu machen, ist es nötig, einen kurzen Blick auf’s Geld zu werfen. Vor allem auf die ungeheuerlich ungerechte Verteilung von Reichtum. In Deutschland besitzen die 45 reichsten Haushalte mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Die ohnehin schon sehr große sozioökonomische Ungleichheit hat sich in der Krise weiter verschärft, Reiche werden reicher, Arme ärmer.

Georg Schramm alias Lothar Dombrowski zitierte einst Warren Buffett, den reichsten Privatinvestor, der meinte, das es um einen Krieg gehe, „um den Krieg zwischen Reich und Arm. Ein Krieg, den wir, die Reichen, angefangen haben und den wir gewinnen werden!“ Was wir also brauchen ist eine Umverteilung: „Wer hat, der gibt“ nennt sich programmatisch ein Krisen- und Umverteilungsbündnis, das eine Petition (Link am Ende) gestartet hat mit vielen prominenten und akademischen Erstunterzeichnern. Natürlich ist das nicht genug. Aber, wie der Kabarettist Max Utthof im Interview meinte: „Well, it’s a start. Dann legen wir unser Bildungssystem, das dem autoritären Charakter mit Noten Futter gibt, in Schutt und Asche, gehen alle zum Badesee und überlegen, wie wir friedvoll und mit heiterer Leichtigkeit zum Matriarchat finden.“ Ein angenehm entspannte Perspektive.

Zweifelsohne bietet die aktuelle Entwicklung (Klima, Gesundheit, sozialer Zusammenhalt, Kriege, Hunger, etc.) Grund zum Verzweifeln. Denn angesichts der Reichtumsverhältnisse in diesem unserem Land könnte man schon auf den Gedanken kommen, dass von den Millionär-Milliardär:innen mal eben ohne großen Aufwand der Wiederaufbau des Ahrtals bezahlt wird. Einfach so. Aber diese Art von Solidarität ist den 45 reichsten Haushalten in Deutschland wesensfremd.

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