Bevor es losgeht mit dem Dialog, gestatte ich mir einige Bemerkungen zum Warum, Was und Wie. Mir kam die Idee, mit Menschen über die aktuelle Situation zu reden. Digital! Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, gleichwohl – so isses! Wenn ich allerdings ins Netz schaue, in die sogenannten sozialen Medien, die auch nicht tatsächlich sozial sind sondern frecherweise nur die positive Konnotation des Begriffs nutzen, dann scheinen mir einige Vorbemerkungen angebracht.
Zunächst: Der Ton macht die Musik. Das ist mir, nicht nur weil ich mich auch gerne als Musiker bezeichne, wichtig. Als Pädagoge, der lehrt, berät, begleitet, zuhört, vorträgt, streitet, schweigt, schlichtet, redet, widerspricht, kommentiert, mitfühlt, diskutiert und vieles mehr, bin ich täglich mit der kommunkativen Unerfahrenheit, ja Unbeholfenheit der Menschen konfrontiert, Substanzlosigkeit wortreich dargeboten! Georg Schramm meinte einst, dass die Bedeutung der Sprache im „Brackwasser der Beliebigkeit“ untergegangen sein wird. Irgendwann. Vielleicht ist die Coroan-Zäsur ein Innehalten zur rechten Zeit!
Es geht also vor allem um die Schwierigkeit, miteinander so ins Gespräch zu kommen, dass man das auch gerne will, miteinander reden. Dafür gibt es, wie immer, sehr förderliche, und sehr hinderliche Verhaltensweisen. Beispielsweise hilft es enorm, wenn jemand Interesse zeigt an dem, was ein/e andere/r sagt. Interesse erkenne ich ausschließlich daran, ob mein*e Gesprächspartner*in nachfragt. Und zwar zu etwas, was sie/er vorher beim Zuhören gehört hat. Was auch hilft, ist eine vornehme Zurückhaltung beim Formulieren von scheinbaren objektiven Wahrheiten. Ein vorsichtiges, differenziertes, wägend-tastendes Formulieren, gerne auch fragend, ist eine gute Voraussetzung, damit Zuhören besser klappt. Ja, ich weiß, das kann einem schon mal auf den Wecker gehen, und der Satz von Franz-Joseph Degenhardt, „Zwischentöne sind nur Krampf im Klassenkampf“, kommt wie ein literarisch sanktioniertes, und politisch geweihtes Dogma daher. Aber ich will dieser trotzdem unzulässigen Reduzierung auf ein alternativloses „Entweder-oder“ wiederstehen, und mit der Sprache vorsichtig und differenziert umgehen. Und erwarte das auch von allen anderen.
Was in jedem Gespräch immer hilft ist der gegenseitige Respekt. Ich mache fehlenden Respekt in der Kommunikation daran fest, ob jemand Inhalte oft wiederholt, getreu dem Motto „es ist alles gesagt, nur noch nicht von mir!“. Respektlos ist es auch, wenn jemand Sätze (in einem geologisch überschaubaren Zeitraum) nicht vollendet, anderen dazwischenredet, mit Unterstellungen arbeitet, mit Klischees, mit Vorurteilen, oder wortreich Phrasen aneinanderreiht. Auch wenn jemand nicht auf das eingeht, was davor gesagt wurde, mangelt es an Respekt. Sicher auch dann, wenn jemand immer zunächst intensiv und ausdauernd nach der/dem Schuldigen sucht. Was mich nachgerade erzürnt ist die Besserwisser-Attitüde des „Ich habe recht, Du nicht!“ Eine Haltung, die, wiewohl weit verbreitet, jedes Gespräch sofot beendet. Das alles halte ich für vergeudete Lebenszeit!
Die Motivation für ein Gespräch ist immer ein Erkenntnisinteresse, das Ziel eines Gesprächs ist deshalb immer die Befriedigung dieses Interesses. Dabei ist Verstehbarkeit der zentrale Erfolgsfaktor. Es geht immer um die Argumentation, um das bessere Argument, es geht niemals um die Frage, wer der bessere Mensch sei. Es geht deshalb darum gemeinsam auszuloten, wo und wie Zukunft gestaltet werden kann, wie Zusammenarbeit gelingen und Kommunikation verbessert werden kann. Kleiner Hinweis am Rande: Ich ziehe den Begriff Kooperation derm Begriff Kollaboration vor, der in der deutschen Sprache historisch belastet ist. Soweit, so gut!